Samstag, 2. Juni 2007
Schluesselerlebnis
Heute Morgen früh aufstehen für die Fortbildung. Sehr müde. Ich beschliesse, mit dem Rad zu fahren, um durch die Bewegung etwas wacher zu werden. Ich mache einen kleinen Umweg, um den Abfall mit dem grünen Punkt zu entsorgen. Mit einer schnellen Bewegung befördere ich die Tüte - und leider auch mein Schlüsselbund in den großen Container. Ich höre, wie die Schlüssel an die Metallwand schlagen und stöhne innerlich auf. Es folgt eine kleine Odyssee. Der herbeigerufene Freund bringt eine Harke mit und wir versuchen abwechselnd, den Müll von dem auf den Boden angelangten Schlüssel zu heben. Außerdem erkläre ich jedem, der auch seinen Müll entsorgen will, was passiert ist, und bitte jeden, seinen Müll nicht noch oben drauf zu werfen. Das geht so 20-30 Mal. Zwischendurch mache ich einen Abstecher zur nahegelegenen Polizei. Das Fazit: es gibt nur 2 Alternativen. Eine Sonderleerung beantragen gegen Sonderentgeld. Oder den Schlüssel rausfischen. Umkippen scheint unmöglich.
Nach eineinhalb Stunden will ich aufgeben. Tränen schiessen in meine Augen. Ich ärgere mich. Ein alter Opi kommt. Ich bekämpfe den Impuls, ihn anzufauchen als er fragt, was wir da machen. Axel sagt, was passiert ist und er fängt an:" ja, vor 20 Jahren ist mir das auch mal passiert." Ich stöhne innerlich auf, mache mich auf eine lange Geschichte gefasst. Aber er sagt nur noch, dass damals sein Portmonnaie mit dem Urlaubsgeld in den Müll geraten sei, und dass er und seine Frau den ganzen Container durchsuchen mussten. Und sie haben es schliesslich gefunden.
"Wissen sie," sage ich, "ich hab gerade auch nicht so viel Geld und wenn ich all die Schlüssel nachmachen muss, davor graut es mir. Aber ich versuche nun schon so lange an den Schlüssel dranzukommen, also ehrlich gesagt, ich bin kurz vor´m aufgeben."
Der alte Mann sagt, er gehe eine Taschenlampe holen, wir sollen warten. Mittlerweile kommen schon Menschen wieder vorbei, die ich vor einer Stunde "informiert" habe und die sich nach dem Schlüssel erkundigen. Soviele Menschen, die mir Glück wünschen. Dann kommt der alte Mann wieder mit einer riesigen Taschenlampe. Wir leuchten in den Container, können aber den Schlüssel nicht sehen. Axel und ich gucken uns resigniert an.
Indessen spricht der alte Mann Leute an, Männer, starke Männer. "Hey sie, sie sind doch Experte, das sehe ich gleich. Das Mädchen hier hat ihren Schlüssel da drin verloren und kommt jetzt nicht mehr in die Wohnung. Packen sie mal mit an. Und sie da, sie kommen mal hierüber und helfen uns. Und sie da auch." Im Nu sind ein paar kräftige Helfer beisammen. Kurzes Beratschlagen, in welche Richtung der Container gekippt werden soll. Alle packen zu, der Container hebt sich. Und durch die Ritze im Boden ist doch tatsächlich mein Schlüssel gerutscht. Ich brauche ihn nur noch zu nehmen. Ich jubel vor Freude, alles freut sich mit mir. Der alte Mann schmunzelt. Und somit hatte ich das Gefühl, heute richtig Glück gehabt zu haben. Und hellwach bin ich nun auch noch.

kerstin13, 21:07h ... link (5 Kommentare)   ... comment


Freitag, 25. Mai 2007
Begegnungen
Ich habe einen erfüllten Tag. Alles klappt auf Anhieb. Nur freundliche Menschen. Alles zu Erledigende erledigt. Dabei genug Zeit haben für kleine Eindrücke, die beiden aufgegangenen Mohnblüten auf dem Balkon, der Windhauch auf der Haut, der Duft unter dem Rosenstrauch. Ich radel zu einem letzten Termin, überquer die grüne Ampel und bremse rechtzeitig, als ein Autofahrer mich übersieht.
Eine Kreuzung weiter Blauchlicht, ein Unfall, viele Schaulustige. Ich starre auf das verbogene Fahrrad auf der Straße. Erschrecke.
Benommen halte ich an der nächsten roten Ampel, der Rettungswagen rast mit Martinshorn an mir vorbei. "Der Radfahrer lebt also noch", denke ich. Doch das ungute Gefühl im Bauch bleibt.
Neben mir wartet eine Radfahrerin und ich spreche sie einfach an.
Ich erzähle ihr, dass in dem Rettungswagen ein verletzter Radfahrer liegt, dass nur eine Ecke weiter der Unfall war, dass mich kurz zuvor ein Autofahrer übersehen hat und dass ich das jetzt einfach jemandem erzählen müsse.
"Nur zu", sagt sie. Sie müsse jeden Tag durch die Stadt und mindestens einmal würde ihr der Schrecken in die Glieder fahren, weil ihr die Vorfahrt genommen würde.
"Dieses Bild vom verbogenen Fahrrad auf der Straße hat mich so mitgenommen", sage ich.
Sie nickt.
Die Ampel wird grün. "Gute Fahrt" wünschen wir uns. Dann trennen sich unsere Wege.

kerstin13, 01:47h ... link (4 Kommentare)   ... comment


Montag, 14. Mai 2007
Zwischenbilanz
Ich bin jetzt 37 Jahre alt. Ich kann mich immer wieder begeistern für Musik, Text und Filme. Meinen Idealismus habe ich mir bewahren können. Mit meinen Ängsten und Zweifeln kann ich mich arrangieren. Glücklicherweise gehören Mut und Glauben zu meinen Schätzen. Um mich herum sind Menschen, die mich so nehmen wie ich bin. Durch Kunst und Worte kann ich mich anderen nahe fühlen. In der Natur fühle ich mich oft wohler als in Gesellschaft von anderen und ich bin gerne allein. Ich liebe Tiere und die Menschen. Im direkten Kontakt fühle ich mich oft hölzern und ungelenk, doch ich leide nicht mehr darunter. Ich habe viele Träume geträumt, ich habe Träume verwirklichen können und ich kann neue Träume träumen. Ich besitze alles was ich brauche.
Und in diesem Moment fühle ich mich reich.

kerstin13, 16:50h ... link (2 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 13. Mai 2007


kerstin13, 02:45h ... link (5 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 8. Mai 2007
Mechthild
Mechthild begrüsst mich bei sich zu Hause. Wir kennen uns flüchtig von der Sterbebegleitungs-Ausbildung. Sie heisst mich herzlich willkommen und sagt, sie habe eine Kleinigkeit zum Mittag gekocht. Eine deftige Linsensuppe mit allerlei schmackhaften Gemüse, dazu Brot. Anfangs reden wir befangen, immer wieder siezt mich Mechthild. Ich erfahre von ihr, dass sie zunächst als Rechtsanwältin, dann als Richterin gearbeitet hat. Nach der Pensionierung hat sie im Kinderschutzbund geholfen, wollte etwas Sinnhaftes tun. Dann vor zwei, drei Jahren der Wechsel zu den Alten. Die seien ja viel schwieriger im Umgang, sagt sie schmunzelnd. Mechthild ist 77. Sie erzählt aus ihrem Leben, ich aus meinem. Wir tauschen Ansichten über Gott, über das Sterben, unseren Glauben und unsere Zweifel aus. Wir sprechen miteinander über Krieg und die Nazi-Zeit, wir reden über das, was uns Angst macht und über unsere Träume und Hoffnungen. Zwei Stunden später sagen wir zum Abschied wie aus einem Munde "ich freue mich schon auf ein Wiedersehen".

kerstin13, 19:41h ... link (1 Kommentar)   ... comment


Donnerstag, 26. April 2007
1000
Tage Lichtblick:)

kerstin13, 16:43h ... link (11 Kommentare)   ... comment


Montag, 23. April 2007
Augenblicke
1997 habe ich liebeskummer. und was für einen. mein langjähriger freund, mit dem ich seit 2 jahren zusammen wohne, hat sich in eine andere verliebt. er zieht aus, ich suche eine neue wohnung. ich habe gerade eine neue stelle angefangen. tagsüber funktioniere ich irgendwie. aber wenn ich in mein neues zu hause komme, dann verkrieche ich mich in meinen geliebten hängesessel und kann meinen tränen und meinem kummer endlich freien lauf lassen. musik tröstet mich. immer und immer wieder höre ich das eine lied. zwar kenne ich das gesicht des sängers nicht, doch es spielt auch keine rolle. denn die stimme ist es, die mich wärmt und meinem schmerz einen weg bahnt in form von vielen vielen tränen.
zehn jahre später treffe ich die frau des sängers auf einer party. sie erzählt mir, dass ihr mann meine fotos so wundervoll findet, dass sie sich diese an einen ort gehängt hätten,wo sie die bilder beide jeden tag sehen und sich daran erfreuen würden. solche momente sind meine grössten erfolge. es ist das, was ich mir immer gewünscht habe: in kontakt kommen mit menschen, die mein leben durch musik oder whatever bereichert haben. und denen ich antworten kann mit meiner kunst. ein wortloses verstehen und sich treffen für einen augenblick.

kerstin13, 02:16h ... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 22. April 2007
Heute treffe ich Wim Wenders. Er ist zur Eröffnung einer Retrospektive seiner Filme im Metropolis-Kino. Mich zieht es trotz kränkelndem Befinden zu seinem Film "Alice in den Städten", meinem Lieblingsfilm von Wenders.
Er erzählt, er habe den Film vor 35 Jahren gedreht. Und dass er diesen Film fast nicht gemacht hätte. Denn als er bereits das Drehbuch fertig hatte, sah er den Film "Paper Moon" und stellte mit Erschütterung fest: seinen Film gab es schon. Er, der doch etwas Einzigartiges, etwas noch nicht da Gewesenes, etwas Besonderes machen wollte.
Er rief bei seinem Produzenten an und teilte ihm mit, sie bräuchten den Film nicht zu drehen, denn jemand anderes hätte seinen Film bereits gemacht.
Es kam anders. Weil ihm jemand sagte, den er sehr sehr schätze, dass seine Geschichte einer anderen ähneln kann. Und nichtsdestotrotz immer wert ist, aus seiner Sicht erzählt zu werden.

Und dann hat Wenders seinen besten Film gedreht.

kerstin13, 02:39h ... link (4 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 17. April 2007
jetzt
so selten auf konzerten derzeit. bin dann immer ein bisschen wehmütig. ein konzert nächste woche werde ich nicht besuchen, weil die sterbebegleitung vorrang hat. prioritäten verschieben sich. bald , ganz bald werde ich noch weniger zeit für konzerte haben. denn ich sehne mich nach einer pause. nach einer sichereren phase. eine zeit lang. ein jahr lang?

heute abend war ich bei laura veirs zum fotografieren mit einer interessanten vorband (your heart breaks/ clyde petersen). es war das erste mal seit über sechs (!) monaten im knust. mein lieblings-fotografierplatz an der treppe war noch frei. und als ich mal kurz auf´s klo musste, wurde er mir frei gehalten. heute wurden irgendwie alle songs nur für mich gespielt.

mit einem guten gefühl gegangen.

kerstin13, 02:29h ... link


Samstag, 7. April 2007
Karfreitag bei Mek


Siehe auch das nachher-Foto hier

kerstin13, 22:24h ... link (0 Kommentare)   ... comment